01.03.2021

Mariendistel: Wie die Pflanze bei Leber- und Gallenleiden hilft

Die Mariendistel (Silybum marianum) gilt seit der Antike als erfolgreiches Therapeutikum. Kürzlich wurde sie zur österreichischen Arzneipflanze des Jahres 2021 gekürt und das nicht ohne Grund.  

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Die Mariendistel hat es in sich und ist schon seit der Antike als Heilpflanze bekannt.

In einem zarten Violett blüht die Mariendistel (Silybum marianum). Viele halten sie für Unkraut und rupfen die Heilpflanze aus. Dem wirkt jetzt Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) entgegen und ernennt die Distelart zur österreichischen Arzneimittelpflanze des Jahres 2021.

Bekannte Wirkung bereits seit der Antike

Der Korbblütler mit den typischen grün-weiß gemusterten, spitzen Blättern hat es übrigens in sich: Dank ihrer leberschützenden beziehungsweise -unterstützenden Wirkung wird sie bereits seit der Antike therapeutisch bei Leber- und Gallenleiden eingesetzt. Unter anderem gilt die auch Christi Krone, Donnerdistel, Fieberdistel, Fechdistel, Frauen- oder Heilandsdistel genannte Heilpflanze als Gegenmittel bei Vergiftungen mit Knollenblätterpilzen.

 

Gefragt bei Vergiftungen

„Silibilin wird auf den Intensivstationen in Form einer wasserlöslichen Reinsubstanz per Dauerinfusion ganz langsam verabreicht“, beschreibt HMPPA-Präsident Hermann Stuppner, Leiter der Abteilung für Pharmakognosie am Institut für Pharmazie, Universität Innsbruck. Die Sterblichkeitsrate bei einer solchen Vergiftung habe trotz medizinischer Behandlung vor dem Einsatz dieses Wirkstoffes bei 30 Prozent gelegen. Durch Infusionen mit Silibinin oder mit der Kombination aus Silibinin und Penicillin konnte diese jedoch auf zehn Prozent reduziert werden. Aktuelle klinische Studien beschäftigen sich nicht nur mit der Wirksamkeit der Mariendistel bei Pilzvergiftung, sondern auch bei Chemotherapie-bedingter Hepatotoxizität, bei chronischer Hepatitis sowie bei nichtalkoholischer Fettleber (NAFL).

 

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Der Korbblüter ist auf Intensivstationen bei Vergiftungen gefragt.

Arzneipflanze des Jahres 2021

Nun wurde der stachelige Leberfreund endlich vor den Vorhang geholt: Nach Mutterkraut, Cannabis, Edelweiß und Lavendel wurde die Mariendistel von der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) – bestehend aus ExpertInnen der pharmazeutischen Institute der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien – aus einer Vielzahl von Kandidaten zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gekürt. „Bei anderen Pflanzen sind wir häufig noch unsicher bei den Wirkstoffen. Die Inhaltsstoffe von den Früchten der Mariendistel sind hingegen sehr gut untersucht“, begründet Rudolf Bauer, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Universität Graz, und Vizepräsident der HMPPA. 

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Der Hauptwirkstoff Silibinin hat antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften.

Hauptwirkstoff Silibinin

Den größten Wirkstoff-Anteil der bis zu zwei Meter hohen Mariendistel nimmt Silibinin ein. Zusammen mit Isosilibinin, Silychristin und Silydianin bildet es den Inhaltsstoffe-Komplex Silymarin, welcher als Kapsel-Extrakt bei Leberproblemen eingesetzt wird. „Weil es Proteine der Zellmembran bindet, wodurch Lebergifte nicht in die Zelle eindringen können“, erklärt Bauer. Auch Silibinin alleine habe antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. Der Gesamtstoff Silymarin verhindere, dass es zu Zellschäden kommt. Daneben wird die Zellregneration gefördert, was zu einer rascheren Erholung einer geschädigten Leber führt.

Hierzulande gut kultiviert

In Österreich stellt Mariendistel eine der drei wichtigsten großflächig kultivierten Arzneipflanzen dar, die Anbaugebiete liegen in Niederösterreich – vor allem im Waldviertel, teilweise im Weinviertel. Hier befindet sich auch ein international viel beachtetes Kompetenzzentrum zur Mariendistelverarbeitung für die Gewinnung des Silymarins aus den Früchten (Samen) der Pflanze. Die durchschnittliche Jahresproduktion liegt bei 3.500 – 4.000 Tonnen.

Text von Kathrin Kremser, Content & PR Manager