10.02.2021

Warum ist die Covid-19 Impfstoffproduktion so herausfordernd?

Trotz enorm komplexer Herstellungsprozesse wird mit Hochdruck daran gearbeitet in kurzer Zeit größtmögliche Impfstoffmengen zu produzieren. Woran es derzeit scheitert.

© shutterstock / Joe McUbed
Das schnellstmögliche Ende der Covid-19 Pandemie sei nur mit einer Impfung von ausreichend vielen Menschen erzielbar, so der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Doch die Produktion gehört zu den komplexesten Prozessen in der Arzneimittelproduktion. Die Dringlichkeit und die hohe globale Nachfrage spitzen diese Situation für Hersteller noch zu.

Vor elf Monaten hat man noch damit gerechnet, dass die Entwicklung eines Covid-19 Impfstoffes 1,5 bis 2 Jahre dauern würde. Durch einen noch nie dagewesenen gemeinsamen Kraftakt der Hersteller, Politik und Behörden, wurde ein entscheidender Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie in weniger als einem Jahr erreicht. „Noch vor ein paar Monaten hätten wir uns nicht vorstellen können, dass bereits Ende des Jahres 2020 mit Impfungen begonnen werden kann. Das ist ein riesiger Forschungserfolg, der nur deswegen möglich war, weil es einen Schulterschluss zwischen vielen Firmen gab und weil Politik und Behörden von Anfang an mit im Boot waren“, freut sich Robin Rumler, Country Manager Pfizer Corporation Austria.

Gründliche Prüfung für Zulassung

Alle Impfstoffe, die zugelassen werden, müssen alle vorgeschriebenen Phasen der präklinischen und klinischen Entwicklung durchlaufen und werden in einem gründlichen Verfahren von der Europäischen Arzneimittelbehörde geprüft. „Bei den drei bisher zugelassenen Impfstoffen und jenen, die noch folgen werden, ist daher garantiert, dass sie höchste Qualität, ein gutes Verträglichkeitsprofil und eine hohe Wirksamkeit haben“, ergänzt Rumler. Auf welchen Technologien die Wirkungsweisen der Covid-Impfstoffkandidaten beruhen, können sie hier nachlesen. Bei BNT162b2 von BioNTech / Pfizer und mRNA-1273 handelt es sich um mRNA-basierte Impfstoffe. AZD1222 von AstraZeneca beruht auf Vektorviren.

 

Komplexe Impfstoffherstellung

Die Herstellung von Impfstoffen gehöre allerdings zu den aufwendigsten und komplexesten Produktionsverfahren, die es in der Herstellung von Arzneimitteln gäbe, stellt Sarah Walters, Country President Austria AstraZeneca fest. Auch die Produktion eines Impfstoffes dauere normalerweise 1,5 bis zwei Jahre, bei Covid-19-Impfstoffen konnte man diesen Prozess – dank der geschlossenen Kooperationen – sehr beschleunigen, ohne Abstriche in der Qualität.

 

Produktionsumstellung dauert

„Man kann eine Produktionsanlage nicht innerhalb von Wochen auf die Produktion von (anderen) Impfstoffen umstellen. Selbst etablierte Firmen mit viel Produktionserfahrung brauchen Monate, um so eine Produktionsumstellung vorzubereiten. Im Kampf gegen die Pandemie sind viele Unternehmen aber dennoch bereits dabei, Produktionskapazitäten für Impfstoffe freizuschaufeln. Damit wird es in Kürze mehr Produktionskapazitäten geben, was bei weitem die schnellere Lösung ist als neue Produktionsstätten zu errichten“, erläutert Walters.

 

© Pfizer
"Alle Räder müssen hier ineinandergreifen, damit eine derart komplexe Produktion funktionieren kann. Die Prozesse sind aufwendig und verlangen höchstes Know how." versichert Robin Rumler, Country Manager Pfizer Corporation Austria

© AstraZeneca

"Bis zur endgültigen Freigabe eines Impfstoffes werden auch jetzt hunderte sehr strenge Qualitätskontrollen durchgeführt, um sicherzustellen, dass der finale Impfstoff allen Anforderungen entspricht." so Sarah Walter, Country President Austria von AstraZeneca

Pandemische Impfstoffproduktion ist anders

Um alle Menschen weltweit zu impfen, braucht es Impfstoffdosen im zweistelligen Milliardenbereich. Noch nie wurde so viel Impfstoff produziert. Das stellt auch die pharmazeutische Industrie vor neue Herausforderungen. „Der enorme Bedarf und die dahinterliegende Dringlichkeit von weltweit verfügbaren Impfstoffen lässt keinen Spielraum für „Lagerhaltung“. Das unterscheidet die pandemische Impfstoffproduktion ganz entscheidend von Impfstoffen, die beispielsweise gegen Masern produziert werden, wo der Bedarf schon lange im Voraus bekannt ist. Es gibt bei Covid-19-Impfstoffen keine Zwischenlager, die eventuell auftretende kurzfristige Lieferschwierigkeiten abdecken könnten“, erklärt Walters weiters. Rumler ergänzt: „Alle Räder müssen hier ineinandergreifen, damit eine derart komplexe Produktion funktionieren kann. Die Prozesse sind aufwendig und verlangen höchstes Know how - das haben wir. Gemeinsam mit unseren Zulieferern arbeiten wir jeden Tag daran, die Produktion noch effizienter zu machen.“

 

Einzelne Bestandteile können zu kurzfristigen Lieferengpässen führen

Um sicherzustellen, dass der finale Impfstoff allen Anforderungen entspricht, werden auch jetzt hunderte strenge Qualitätskontrollen durchgeführt bis zur endgültigen Freigabe. „Alles, was wir produzieren, wird sofort ausgeliefert, über die örtlichen Behörden verteilt und so schnell wie möglich verimpft. Das bedeutet, dass wir keinen Puffer haben, wenn ein Bestandteil aus unvorhersehbaren Gründen nicht in ausreichender Menge verfügbar ist“, betont die AstraZeneca-Österreich-Chefin. „Es lässt sich bei all unseren Bestrebungen daher nicht immer vermeiden, dass es kurzfristig zu geringeren Lieferungen kommen kann. Sollte es zu einem Engpass kommen, arbeiten wir mit Hochdruck daran, diesen so schnell wie möglich wieder auszugleichen.“ Bei aller Beschleunigung wird auch bei der Herstellung der Impfstoffe selbstverständlich immer auf die Sicherheit geachtet.

EU-Verträge werden eingehalten

Flexibilität ist das Gebot der Stunde, ebenso wie Vertrauen in alle beteiligten Partner sowie die Institutionen und die EU, die alles daran setzen, die Impfstoffe so bald wie möglich zu den Menschen zu bringen, so der ÖVIH in seiner Aussendung. Die EU hat mit einzelnen Herstellern Verträge abgeschlossen, um die gesamte Bevölkerung bestmöglich mit mehreren verschiedenen Impfstoffen zu versorgen, damit möglichst viele Menschen geimpft werden können. Die Anzahl der insgesamt bestellten Dosen orientiert sich an jener der zu impfenden Personen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Aufträge zu erfüllen“, bestätigt Rumler. „Es ist wichtig zu betonen, dass es in diesen Verträgen um Liefermengen für das ganze Jahr 2021 geht. Die bestellten Impfstoffdosen werden von den einzelnen Firmen auch laufend und so schnell wie möglich geliefert.“

Berechnung nach Dosen

Die gelieferte Menge orientiere sich an den vertraglich vorgesehenen Dosen – unabhängig davon, in welcher Form diese abgepackt würden, so Rumler. „Dabei sind wir ja auch an die EU-Zulassung gebunden, die vorgibt, wie viele Dosen maximal aus einer Mehrfach-Durchstechflasche gezogen werden dürfen. Damit haben die Behörden auch eine klare Größe, mit der sie bei der Verteilung an die einzelnen Impfstellen rechnen können.“

 

Aufklärung über Fälschungen in der Bevölkerung nötig

Im Internet kann man mittlerweile vermeintliche Covid-19-Impfstoffe bestellen. Keiner der für die EU zugelassenen Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca ist am freien Markt erhältlich. Sie werden natürlich ausschließlich über öffentliche Stellen verteilt. Apotheker unterstützen bereits die größte Impfaktion des Landes mit Aufklärung und Beratung. Wie das Impfen in der Apotheke bei der Durchimpfungsrate helfen könnte, hat Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer hier erklärt.

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Die Anzahl der insgesamt bestellten Dosen orientiert sich an jener der zu impfenden Personen. Die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an der Erfüllung der Aufträge. 

Quelle: APA/OTS I, APA/OTS II, ÖVIH, vfa

Text von Kathrin Kremser, Content Manager